Instagram zählt mittlerweile über 2 Milliarden Nutzer und ist für die meisten politischen Kanäle partei- und altersübergreifend der wahrscheinlich relevanteste Social Media Kanal. Aus der Masse an Inhalten hervorzustechen und als Verband, Partei oder Einzelperson langfristige Erfolge zu erzielen, gestaltet sich gefühlt immer schwieriger. Noch dazu kommt der ständige Wandel der Plattformen, durch den man schnell den Überblick verlieren kann, wenn man sich nicht tagtäglich damit beschäftigt. Um seine eigene Zielgruppe zu erreichen und Inhalte zu produzieren, ohne dass man komplett ausbrennt, braucht es eine nachhaltige Instagram-Strategie.
In diesem Artikel möchte ich dir eines von vielen Frameworks vorstellen, mit dem du deine eigene Strategie aufsetzen kannst. Sie stammt von dem Social Media Experten und Adobe Global Ambassador Lucas O’Keefe und heißt „ACCEL“ Ansatz: ACCEL ist eine Abkürzung und steht für die Bestandteile Audience (Zielgruppe), Content (Inhalte), Consistency (Konsistenz), Engagement (Interaktion) und Liftoff (Abheben). Was diese Bestandteile im Konkreten bedeuten und wie du sie praktisch umsetzt, klären wir jetzt.
A – Audience: Deine ideale Zielgruppe definieren
Der erste Schritt in nahezu jeder Social Media Strategie besteht erst einmal darin, deine Zielgruppe näher zu definieren. So wie es im Marketing üblich ist, dass zuerst eine ideale Kundenpersona bestimmt wird, kannst du das Gleiche für deinen „idealen Instagram Follower“ machen.
Dazu nimmst du dir am besten ein Blatt Papier oder eine digitale Notiz und trägst einmal alle relevanten Informationen zusammen, die für deine Nische mit ihrer jeweiligen Zielgruppe wissenswert sind. Dazu treffe ich einmal die Annahme, dass du selbst Mandatsträger oder Kandidat für ein politisches Mandat auf Kommunal-, Landes- oder Bundesebene bist. Die folgenden Fragen und Anregungen sollen dir dabei helfen, die Notiz zu füllen.
Deine eigene Nische:
- Für welche Partei trittst du an?
- Hast du einen regionalen Schwerpunkt?
- Was sind die Kernthemen deiner Partei?
- Für welche Themen stehst du ganz persönlich oder hast entsprechende Sprecher-Rollen dafür?
Relevante Accounts deiner Nische:
- Mit welchen politischen Accounts teilst du dir deine Region oder deine Themen?
- Welche Personen, Verbände oder Unternehmen kennst du, die für dein Thema eine Rolle spielen?
- Worum geht es in deren Beiträgen?
Sind diese Fragen beantwortet, gehst du in die Kommentar-Analyse der relevanten Accounts in deiner Nische. Finde heraus, welche Fragen die Nutzer stellen und welche Themen in den Kommentaren diskutiert werden. Dadurch kannst du besser Inhalte ermitteln, mit denen du dich in deiner Nische voraussichtlich abheben kannst.
C – Content: Das richtige Format für deine Botschaft wählen
Wenn du deine Zielgruppe mit ihren jeweiligen Themen und Bedürfnissen kennst, geht es im nächsten Schritt um den effektivsten Weg, deine Botschaften zu kommunizieren. Instagram beispielsweise bietet verschiedene Content-Formate an, wie Carousels, Reels und einzelne Fotos. Anhand deiner Stärken und deiner Zielgruppe musst du also die ideale Verteilung dieser Formate wählen.
Reels beziehungsweise Kurzvideos sind das ideale Werkzeug, um deine Reichweite zu stärken und neue Nutzer auf dich aufmerksam zu machen. Eine der wichtigsten Kennzahlen hierzu sind die Anzahl der Shares deiner Videos – also wie oft wurde dein Inhalt in einer Story geteilt oder in die Inbox anderer Accounts gesendet. Diese Bedeutung wurde in der Vergangenheit bereits mehrfach von Adam Mosseri, dem CEO von Instagram, bestätigt.
Wenn du noch Schwierigkeiten hast, passende Ideen für Kurzvideos im politischen Bereich zu entwickeln, helfen dir sicher meine 20 Content-Formate zur Bundestagswahl weiter (die im Übrigen nicht nur im Wahlkampf genutzt werden können).
Carousels wiederum sind mehrteilige Kachel-Beiträge, mit denen du primär Vertrauen bei deinen bestehenden Followern aufbauen und stärken kannst. Sie eignen sich dafür, bei politischen Themen und Fragestellungen näher ins Detail zu gehen. Seit Sommer 2024 sind bis zu 20 Slides pro Carousel möglich.
Du kannst beispielsweise durch anschauliche Grafiken und Diagramme in Kombination mit kurzen, leicht verständlichen Textblöcken eine aktuelle Diskussion aus der Tagespolitik aufgreifen und sie neutral oder mit deiner parteipolitischen und persönlichen Meinung deiner Zielgruppe vermitteln.
Die beiden einfachsten Tools, um die Grafikerstellung einzusteigen, sind meiner Meinung nach Adobe Express und Canva. Beide sind in ihrer Basis-Version kostenlos nutzbar und bieten eine Vielzahl an Tutorials und Hilfestellungen, um mit wenigen Handgriffen gute Grafiken zu erstellen. Wer hingegen schon etwas fortgeschritten ist, greift auf bewährte Software wie Adobe Illustrator oder Affinity Designer. Während sich Illustrator nur über das monatliche Creative Cloud Abo beziehen lässt, bekommst du Affinity Designer relativ günstig zum Einmalkauf.
C – Consistency: Posten, aber nachhaltig
Der wahrscheinlich schwierigste Teil des Ganzen ist die Konsistenz – also über einen längeren Zeitraum kontinuierlich eine stabile Anzahl an Beiträgen pro Woche posten, die gleichzeitig den eigenen Qualitätsansprüchen genügen.
Nicht nur in der Politik, sondern auch in allen anderen Branchen laufen Social Media Manager häufig die Gefahr, in „Content-Sprints“ zu geraten und dann über mehrere Wochen richtig viel Beiträge abzuliefern, nur um dann wenig später in ein Loch zu fallen und gar nichts mehr zu posten.
Kommt dir bekannt vor? Glaub mir, das macht jeder mal durch und nicht nur einmal – ich spreche da aus Erfahrung 😉
Viel wichtiger ist, dir diese Herausforderung bewusst zu machen und ein Pensum zu entwickeln, mit dem du für deinen Account und insbesondere für deine Zielgruppe einen mehrwerthaltigen Content gestalten kannst. Wie kann das für dich aussehen?
- Nimm dir wöchentlich mindestens eine Stunde Zeit für Brainstorming. Schreibe einfach alle Ideen und Themen herunter, die dir in den Sinn kommen – selbst, wenn du sie am Ende nie nutzen solltest.
- Halte in deinem eigenen Feed die Augen offen nach Dingen, die deine Zielgruppe interessieren könnten. Bei Instagram und TikTok kannst du dir Collections beziehungsweise Speicher-Listen anlegen, in denen du Inspirationen und Content-Ideen von anderen Kanälen abspeicherst und später auf deine Person und dein Thema überträgst.
- Beobachte die Resonanz deiner Formate. Gerade am Anfang wirst du viel Spielraum für Experimente brauchen, von denen einige womöglich floppen werden und andere wiederum den Nerv deiner Zuschauer treffen. Checke also regelmäßig die Insights und identifiziere die Formate, die dir zuverlässig Reichweite und Interaktionen einbringen.
- Wenn du Content produzierst, bündele diese Aktivität in einem Zeitblock. Hier und da mal schnell ein Video zu produzieren, löst in der Regel mehr Stress aus, als sich einen festen Zeitraum von beispielsweise 2-3 Stunden dafür zu reservieren und den vorbereiteten Content in einem Stück aufzunehmen.
E – Engagement: Baue eine Beziehung zu deiner Community auf
Engagement oder zu Deutsch auch Interaktion ist der Schlüssel, um in sozialen Medien eine lebhafte Community aufzubauen und deine Sichtbarkeit in der Zielgruppe zu stärken. Tritt in den Kontakt mit Menschen, die deinem Profil folgen und schreibe Kommentare, die auch wirklich eine Konversation anregen.
Soziale Medien sind nicht dazu gedacht, ohne Rücksicht auf Verluste seine Botschaften in die Welt zu brüllen, sondern Verbindungen zu schaffen und in einen ernstgemeinten Austausch mit Gleichgesinnten zu treten. Bewege dich dazu auch mal aus deinem Profil heraus, stöbere dich durch andere Accounts mit ähnlichen Themen und Interessen und schreibe dort gedankenvolle Kommentare und Fragen (einfach nur kommentarlos Emojis zu posten, wird dich nämlich nicht interessant für andere machen).
Auch hier ist Konsistenz natürlich von großem Vorteil. Als Richtwert kannst du dir ungefähr eine Stunde am Tag setzen, die du in vier Viertelstunden aufteilen kannst:
- 15 Minuten, um auf neue Kommentare auf deinen bisherigen Beiträgen einzugehen
- 15 Minuten, um auf Stories anderer Profile zu antworten und über die DM’s Konversationen anzustoßen
- 15 Minuten, um über die Explore-Seite auf Beiträge deiner Nische zu reagieren und sie zu kommentieren
- 15 Minuten, um inspirierenden Content in deine Speicherliste zu überführen und diese zu kommentieren
Wenn du diese Routine täglich (oder zumindest regelmäßig) in deinen Alltag einbaust, wird sich spürbar etwas an der Zusammensetzung deiner Community verändern – und zwar ins Positive!
L – Liftoff: Nutze die Plattform-Funktionen und starte durch!
Als letzter Bestandteil der ACCEL-Strategie geht es darum, die Potenziale der verschiedenen Plattform-Funktionen auszunutzen. Auf Instagram sind das beispielsweise folgende Möglichkeiten:
- Livestreams: Mit Instagram Live kannst du anlassbezogen zum Beispiel über aktuelle politische Themen sprechen, Gäste einladen oder einfach spontan mit deiner Community in den direkten Austausch treten.
- Kollaborationen: Mit Collabo-Posts kannst du gemeinsam mit anderen Profilen einen Beitrag hochladen, der dann in den Feeds aller Beteiligten zu sehen ist. Das bietet das große Potenzial, durch verwandte Profile auf neue Teile deiner Zielgruppe zu stoßen und dich auch außerhalb deiner aktuellen Bubble bekannter zu machen.
- Links und DM-Automation: Wenn es darum geht, auf Inhalte außerhalb von Instagram aufmerksam zu machen, sind Biografie-Links in der Regel das Mittel der Wahl. Durch Automationstools wie Manychat kannst du darüber hinaus aber auch steuern, wer basierend auf Schlagworten in Kommentaren eine Direktnachricht erhält, um automatisiert Informationen zu verschicken und Traffic beispielsweise auf deine Webseite zu erzeugen.
Bei all diesen Schritten gilt es aber vor allem zu beachten: Eine lebhafte Präsenz auf Instagram und anderen Social Media Kanälen benötigt immer Aufwand, Zeit und Geduld. Fokussiere dich bei allen Aktivitäten immer darauf, einen Mehrwert für deine Zielgruppe zu bieten und stecke deine Energie vor allem in kontinuierliche Community-Bildung und die Formate mit der stärksten Performance.