Hast du dich schon einmal mit deiner eigenen Positionierung beschäftigt? Also dich selbst zu reflektieren und dir selbst die Frage zu beantworten, wie du als Politiker:in wahrgenommen werden willst? Viele Social Media Profile von Politikern machen den Eindruck, dass sie sich um diese Frage eher herumgewunden und nicht die Zeit genommen haben, das einmal ausführlich zu beantworten.
Das Thema Positionierung ist extrem wichtig für die eigene Kommunikationsstrategie nach außen. Ich zeige dir in diesem Beitrag das Modell des Fachpolitikers, an dem du dich für deine eigene Strategie orientieren kannst. Ich beschreibe dabei die kompletten Reinformen; das bedeutet, dass du auch Elemente aus mehreren Modellen für dich nutzen und kombinieren kannst. Wenn du dir über die Modelle bewusst bist, kannst du für dich entscheiden, wo du deine Schwerpunkte legst.
(Nahezu) jeder Politiker hat mindestens ein politisches Thema, für das er oder sie sich im besonderen Maß interessiert und einsetzt. Ob das Verkehrs-, Sozial- oder Wirtschaftspolitik ist, spielt dabei erstmal eine sekundäre Rolle. Das politische Interessensgebiet für sich genommen ist dabei nur der erste Schritt zu einer erfolgreichen Positionierung in der Öffentlichkeit.
Du kannst noch so ein großartiger Fachpolitiker und Experte auf deinem Gebiet sein: Wenn du das nicht herausstellst, wird kein Hahn nach dir krähen. Ein guter Fachpolitiker wird von seinem Umfeld, seiner Partei und den Medien regelmäßig zu seinen Themen angefragt – er oder sie spielt sich in den engeren Zirkel, sobald die entsprechenden Schlagworte in neuen Debatten aufkreuzen.
Diese Positionierung ist sehr sinnvoll und zahlt sich umso mehr aus, je höher du dich auf den politischen Ebenen bewegst – wie auf Landes- und Bundesebene beispielsweise. Denn bei jeder Übernahme von Regierungsverantwortung stellt sich natürlich die Ressort-Frage und wer dort federführend Politik übernehmen soll. Fällt deiner Partei dein Fachressort zu, bist du den nächsten Entwicklungsschritten schon näher als andere.
Wie gelingt dir eine Positionierung als Fachpolitiker? 5 Tipps
1. Werde Experte auf deinem Gebiet
Jeder fängt mal klein an und nicht immer passt der berufliche Background auch zu deinen politischen Fachinteressen. Verschaffe dir einen Überblick zu deinem Thema, eigne dir wichtige Eckdaten an und vertiefe dann dein Wissen Schritt für Schritt. Wenn du Statements auf Social Media oder an die Presse verbreitest, sollten diese Hand und Fuß haben.
Ein sachkundiger Leser sollte das Gefühl haben, du verstehst was von deinem Fach. Manche mögen sich mit Plattitüden und Floskeln weit nach vorne mogeln, aber du willst sicher nicht irgendwann als ahnungsloser Quacksalber enttarnt werden, oder?
2. Konzentriere dich auf dein Fachgebiet
Wer wäre nicht gerne Experte für alles und möchte am liebsten für jede politische Frage mit Talkshow- und Zeitungsanfragen bombardiert werden? Wenn du nicht gerade in der obersten Führungsriege deiner Partei stehst, ist das aber eher unwahrscheinlich. Sei dir stattdessen im Klaren darüber, mit welchem Thema du assoziiert werden willst. Wichtig: Schreibe dir dieses Thema auf und bespiele es dann immer wieder auf deinen Kommunikationskanälen.
Konsistenz, Wiederholung und kluge Statements werden über kurz oder lang dazu führen, dass du von außen mit bestimmten Begriffen in Verbindung gebracht wirst. Auch wenn es nicht immer die große Bühne sein wird – ein Netzwerk von Interessensverbänden und Unternehmen aus deinem Fachbereich ist ein Wert, der sich früher oder später für dich auszahlen kann.
3. Mach deine Expertise für jeden verständlich
Auch als Fachpolitiker stehst du nicht dauerhaft vor informiertem Publikum. Für nachhaltige Wahlerfolge solltest du dir daher immer vor Augen führen, wie du fachpolitische Botschaften rüberbringst und ob sie für den Laien verständlich sind.
Ein Beispiel: Auf Bundesebene wird ein Bürgergeld eingeführt, das mehrere Sozialleistungen zusammenfasst und unbürokratischer an die Bedürftigen weitergibt. Als kommunal engagierter Sozialpolitiker möchtest du diese Veränderung natürlich an deine lokale Zielgruppe kommunizieren.
Das sachlich-nüchterne Extrem wäre jetzt, die Änderungen im Gesetzbuch zu verlinken und aufzuzeigen, welche Paragraphen im Sozialgesetzbuch denn jetzt geändert wurden, damit diese tolle Verbesserung auf den Weg gebracht werden konnte. Ich glaube es ist klar, dass das wenig zielführend ist.
Stelle dir stattdessen folgende Fragen, wenn du Botschaften zu fachspezifischen Neuigkeiten formulierst:
- Habe ich fachspezifische Begriffe vermieden oder sie zumindest mit 1-2 kurzen Sätzen erläutert?
- Schreibe ich im Beitragstext gerade einen Roman von 250+ Wörtern, den sich niemand wirklich durchlesen wird?
- Sind meine Sätze so geschrieben, dass eine politisch uninformierte Person beim ersten Lesen gleich versteht, worum es geht?
- Mache ich konkret deutlich, welche Auswirkungen diese Neuigkeit auf meine Zielgruppe hat?
- Baue dir ein Fach-Netzwerk auf
Das bereits angesprochene Netzwerk ist für Fachpolitiker von immenser Bedeutung. Du bist nicht allwissend und wie jeder andere Politiker auch auf Impulse von außen angewiesen, um nicht immer nur in der eigenen Suppe zu köcheln. Darum brauchst du Ansprechpartner bei Unternehmen, Verbänden und sonstigen Interessensvertretern, die mit deinem Fachthema etwas zu tun haben.
Lege dir dazu am Besten eine Tabelle als Google Sheet an, in dem du öffentlich verfügbare Kontaktdaten zu Ansprechpersonen einpflegst. Abonniere ihre Newsletter und arbeite dich durch die relevanten Publikationen durch. Oftmals erstellen Verbände eigene Forderungskataloge an die Politik, aus denen sich wunderbar Gesprächsthemen ableiten lassen.
Frage nach Terminen mit konkreten Gesprächsanlässen und biete an, als weitere Politik-Schnittstelle zu fungieren und Positionen (die du selbstverständlich ebenfalls gut findest) in die entsprechenden Gremien einzubringen. Verbände freuen sich immer über Mitstreiter, die sich in ihrem Fachgebiet für eine Verbesserung der politischen Lage engagieren.
Zusatztipp: Wenn du schon eine gewisse Reputation hast, biete Verbänden mit Mitglieder-Zeitschriften das Schreiben eines Gastbeitrags an – idealerweise schon mit einem konkreten Vorschlag. Im schlimmsten Fall bekommst du eine Absage; im besten Fall platzierst du deine Botschaften an ein Fachpublikum und landest bei immer mehr Menschen auf dem Radar.
4. Nutze die gesamte Bandbreite des Infotainments
Nachdem du ein informierter und top vernetzter Fachpolitiker mit klaren Botschaften bist, folgt jetzt die Kür auf Social Media: Dein Spezialgebiet für die breite Öffentlichkeit greifbar machen.
Das sogenannte „Infotainment“ (Information + Entertainment) ist dabei für die Außenkommunikation ein bedeutender Baustein. Leicht verdauliche Wissensvermittlung erfreut sich in einer zunehmend politisierten Gesellschaft immer größerer Beliebtheit. Allerdings sind die Qualitätsunterschiede gerade im politischen Bereich sehr hoch.
Wie Infotainment bei Politikern nicht aussehen sollte:
- Kacheln und Stories mit viel zu viel Text in allen Formen und Farben
- Videos, in denen mit stocksteifer Haltung und monotoner Stimmlage in 2 Minuten ohne Punkt, Komma oder Schnitt ein Thema heruntergebetet wird
- Wahlloses Verbreiten von weiterführenden Links zu Fachartikeln, die hauptsächlich einen selbst interessieren
Was du stattdessen machst:
- Optisch hochwertige Karussell-Infobeiträge, bei denen auf mehreren Slides (Abschnitten) ein Thema aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet wird
- Kurzvideos oder Stories bis zu 60 Sekunden, in denen eine spezifische Fragestellung zu deinem Fachthema von dir beantwortet wird – diese beinhalten entweder mehrere Schnitte für mehr Dynamik oder verschiedene Kameraperspektiven
- Zusammenfassung von Nachrichten zu deinem Thema in kurzen Stichpunkten auf einer einzelnen Grafik mit leicht verständlichen Sätzen
- Ein Quiz in der Instagram-Story zu deinem Thema mit anschließender Erfolgskontrolle für die Community
Eine detaillierte Anleitung zum Erstellen von Infoposts findest du bald in einem weiteren Blog-Beitrag von mir.
Drei Best Practice Beispiele für Infotainment
a) Karussell-Infoposts
Infoposts sind eine super Gelegenheit, sich einzelne Bestandteile eines Fachthemas herauszugreifen und sie in leicht verständlicher Form aufzubereiten. Dieses Beispiel stammt von mir selbst, bei dem ich für Alena Trauschel einen anlassbezogenen Post erstellt habe, in dem es um ihre favorisierten Inhalte aus dem damals vorgestellten Ampel-Koalitionsvertrag geht.
Es werden dabei ihre fachspezifischen Ressorts beleuchtet, die Infos kurz in Stichpunkten aufgelistet und ihre Person an den Anfang und das Ende gestellt. Ein Call-to-Action (CTA) am Schluss rundet den Infopost ab, in dem die Community aufgerufen wird, ihre persönlichen Lieblingsforderungen mitzuteilen.
Das Ergebnis konnte sich sehen lassen: Bei damals 2.800 Followern auf Instagram erreichte der Beitrag eine Reichweite von über 40.000 Nutzern innerhalb der ersten drei Wochen nach Veröffentlichung. Das Beispiel zeigt, welche Stärke passendes Timing, ein interessanter Inhalt und eine optisch passende Darstellung entfalten kann.
b) Infoposts von funk
Das Content-Netzwerk funk des Öffentlich-Rechtlichen-Rundfunks macht im Bereich Infotainment vieles richtig und schafft es, ein breites Publikum für die unterschiedlichsten und oft politischen Themen zu begeistern.
Oftmals werden auf einer, maximal zwei- oder dreiseitigen Instagram Kachel ein aktuelles Ereignis oder ein fachspezifisches Thema mithilfe weniger Stichpunkte kurz und prägnant erklärt. Die Botschaften sind dabei so ausgelegt, dass nur das Allerwichtigste abgebildet wird und die Nutzer einen kompakten Überblick über das Thema bekommen.
funk schafft es außerdem, die Community sehr clever in ihr Infotainment einzubinden. Bevor ein neuer Infopost erscheint, wird zuvor in der Instagram Story nach dem „Infopost-Tier der Woche“ gefragt. Über eine Abstimmung können die Nutzer für eines von zwei Tieren voten, das dann ganz am Schluss eines Infoposts abgebildet wird. Eine niedrigschwellige Form der Beteiligung führt damit zu mehr Vorfreude auf rein inhaltliche Themen.
c) Kurzvideos von Karriereguru
Der „Karriereguru“ ist zwar kein politischer Kanal, aus meiner Sicht aber ein sehr professionelles Beispiel dafür, wie man Botschaften mit inhaltlichem Mehrwert in Kurzvideos transportiert.
Groß geworden ist er mit TikTok, wo er rund 500.000 Follower hinter sich hat und dort verschiedene Tipps zu den Themen Bewerbung, Beruf und Karriere in Kurzvideos verpackt.
Was seine Videos besonders stark macht:
- Die technische Qualität (Belichtung, Ton, Kamera, Schnitt) ist für Kurzvideos super gut gemacht – stimmen diese Faktoren, ziehst du grundsätzlich schon mehr Aufmerksamkeit auf deine Videos.
- Die Videos werden mit kurzen Texteinblendungen unterstützt, beispielsweise für Aufzählungen oder Statistiken. Das gibt dem Ganzen einen roten Faden und hält die Aufmerksamkeit hoch.
- Der Content-Mix bietet Mehrwert und ist abwechslungsreich: Für die Kurzvideos werden die Themen vor allem durch Auflistungen (Die Top 5 der XY) oder als geskripteter Dialog aufbereitet (Unterhaltung mit sich selbst aus mehreren Kameraperspektiven).
Diese Art der Visualisierung lässt sich für nahezu jedes Thema adaptieren. Gerade für die Bereiche Finanzen, Steuern oder eben auch Politik zeigen diese TikTok und Reels-Formate, dass auch die „trockenen“ Themen bei der jungen Zielgruppe auf Interesse stoßen können.
Das Wichtigste nochmal zusammengefasst:
- Wenn du dich als Fachpolitiker positionierst, eigne dir unbedingt auch das entsprechende Expertenwissen an. Du musst nicht allwissend sein, aber wenn du bei Fachfragen dauernd nur herumdruckst, leidet deine Reputation darunter.
- Überlege dir, bei welchen politischen Schlagworten die Öffentlichkeit an deinen Namen denken soll und deine Meinung hören will.
- Vergewissere dich bei jeder Botschaft an die breite Masse, dass auch fachfremde Laien dir folgen können – und sei in der Lage, deine Kommunikation an das jeweilige Publikum anzupassen.
- Vernetze dich mit Unternehmen, Verbänden und Interessensvertretern und präsentiere dich als kompetentes Bindeglied zu ihnen und deiner politischen Ebene. Festige dein Fachwissen durch Gespräche mit der Praxis und platziere dich in themenrelevanten Publikationen und Medien.
- Nutze auf Social Media die Power des Infotainments, um deinen fachpolitischen Themen auch für ein breites Publikum leicht verständlich aufzubereiten.
Wenn du diese Tipps beherzigst, hast du eine ideale strategische Grundlage für deine politische Kommunikation – und bist damit vielen anderen schon weit voraus. Schreib mir gerne auf Instagram oder LinkedIn, wie du deine Fachpolitiker-Strategie umgesetzt hast und mit welchen Formaten. Ich freue mich über deine Nachricht!